Ich liege gerade im Bett. Nichts Spektakuläres. Wäre es nicht halb Eins in der Nacht. Für einige mag dies eine normale Uhrzeit sein, doch wer mich kennt, der weiss, dass ich normalerweise so um zehn Uhr abends ins Bett gehe. Leider ist dies schon seit längerer Zeit nicht mehr der Fall. Wieso?
Lass mich von vorne beginnen.
Vor ziemlich genau vier Wochen an einem Freitagabend verspürte ich einen leichten Druck hinter meinen Augen. Ich dachte mir nichts dabei. In der Nacht auf Samstag wachte ich dann mit unglaublichen Rückenschmerzen auf und konnte erst wieder einschlafen, nachdem ich zwei Schmerztabletten eingeworfen hatte. Am Tag ging es weiter. Immer noch Rückenschmerzen. Dazu kamen nun auch noch Kiefer- und Kopfschmerzen sowie ein Schnupfen. Ojeh, eine richtig üble Erkältung, die ich mir da eingefangen hatte.
Nachdem ich am Montag kurz auf Arbeit war, nur um direkt wieder umzudrehen verbrachte ich die darauffolgenden Tage im Bett. Aber war ja normal. Eine Erkältung dauert ja auch seine Zeit.
Corona? Ja, da war was. Aber ich hatte weder Fieber noch Husten. Und wie ich meinem Arbeitskollegen schon erklärt hatte, kannte ich meinen Körper ja und wusste genau, wie sich eine Erkältung anfühlte und sich auf mich auswirkte. Also, wieso zum Arzt gehen? Ich war ja sowieso zu Hause in meinem Bett.
Am Donnerstag machte ich dann nochmals einen Versuch mit dem Arbeiten. Aber auch hier musste ich nach einem halben Tag einsehen, dass das keinen Sinn macht. Ich hatte im ganzen Büro die Vorhänge gezogen und der Lampe den Stecker gezogen. Das ganze Licht war einfach zu viel. Am Mittag musste ich dann einsehen, dass das Ganze wirklich keinen Sinn hatte und bin geknickt wieder nach Hause gefahren.
Weitere Tage vergingen.
Ich lies mir von der Apotheke ein starkes Mittel gegen Erkältung verschreiben, da alles, was ich bis jetzt genommen hatte keinerlei Wirkung zeigte. Nachdem auch dieses Mittel nichts geholfen hat, vereinbarte ich einen Termin beim Arzt (nicht zu letzt, da ich meinen Arbeitgeber nach einer Woche ein Arztzeugnis vorlegen wollte).
Ohne viel Tamtam wurde sofort ein Coronatest gemacht. Wann ich das Ergebnis erhalten würde, wollte ich wissen. Wahrscheinlich in 3-4 Tagen, da Wochenende war. Alle seien heillos überlastet.
Dann, drei Tage später der Anruf. Positiv. Na super. Aber mittlerweile hatte ich mir das schon fast gedacht, da kein Medikament irgendwelche Linderung gebracht hatte.
Ich verbrachte weitere Tage zu Hause. Oft unter der Bettdecke oder mit Augenmaske, da mein Kopf raste. Die pflanzlichen Medikamente, welche ich gegen den Schnupfen gekriegt hatte, schlugen ebenfalls nicht an.
Ein neuer Arzttermin nach einer weiteren Woche. Verdacht auf Nebenhöhlenentzündung. Daher auch die Kopfschmerzen. Antibiotika sollten es richten. Mittlerweile liege ich die dritte Woche zu Hause.
Ich war die vergangenen Tage schon müde. Doch die Antibiotika machen das ganze noch schlimmer. Ich schlafe in der Nacht mindestens zwölf Stunden und dann am Nachmittag nochmals zwei bis drei, ohne danach Schwierigkeiten zu haben am Abend um Acht wieder einzuschlafen.
Ich habe das Gefühl, die Antibiotika verstärken die Kopfschmerzen noch mehr. Gebracht hat das Antibiotika nichts. Eine Woche später sind die Kopfschmerzen unverändert.
Immer mehr schlägt mir der Zustand auf die Psyche. Immer hoffe ich, dass das Ganze nun endlich vorbei ist. Das ich wieder raus kann. Zur Arbeit kann (denn ja, ich mag meine Arbeit). Aber nein. Das eine ums andere Mal werde ich vertröstet. Ich müsse geduldig sein. Keine meiner Stärken.
Dann endlich ein Lichtblick. Der Schnupfen ist verschwunden. Die Kopfschmerzen werden weniger. Ich schöpfe endlich Hoffnung. Nach vier Tagen mit nur leichten Beschwerden sitze ich wieder beim Arzt. Es ist Mittwoch. 3.5 Wochen sind inzwischen vergangen. Ich kriege die Freigabe für 50% zu arbeiten, da ich am Nachmittag immer wieder von Kopfschmerzen geplagt werde – mal mehr mal weniger – und nicht wieder sofort 100% einsteigen sollte. Endlich. Mit der Erlaubnis in der Hand, meine Kollegen nun endlich nach fast einem Montag wieder zu sehen, möchte ich bereits aufstehen. Doch da regt sich wohl etwas im Gehirn meines Arztes. Er möchte sicher sein, dass sich die Bestimmungen nicht geändert hätten (anscheinend seie dies momentan fast alle ein- bis zwei Tage der Fall). Nach einem kurzen Gespräch mit der Assistentin kommt er zurück.
«Sie müssen mir das Zeugnis zurückgeben. Sie dürfen noch nicht arbeiten. Wir müssen erst nochmals einen Test machen.»
In diesem Moment glaubte ich, ich höre nicht richtig. Das kann doch nur ein Scherz sein? Ich hatte doch nur Kopfschmerzen. Doch er bleibt unnachgiebig. Ein neuer Test wird gemacht. Morgen, Freitag sollte ich das Resultat haben.
Was wenn es wieder positiv ist? Einige Test können auch noch nach einiger Zeit positiv ausfallen, auch wenn man nicht mehr ansteckend ist. Eine Frage, die sich wohl morgen klären wird.
Die vergangenen Tage habe ich wieder den grössten Teil im Bett verbracht. Besonders heute. Die Kopfschmerzen waren einfach zu heftig. Aber wie lange dauert das noch? Mittlerweile habe ich mich in einer Facebook-Gruppe für Langzeitsymptome ausgetauscht. Ich scheine nicht die einzige zu sein, die auch nach einem Monat noch mit den Nachwirkungen zu kämpfen hat. Kopfschmerzen werden da nicht selten genannt.
Ich weiss ehrlich gesagt nicht mehr, was ich tun soll. An einem Tag sind die Schmerzen so gut wie verschwunden, und dann gibt es wieder Tage wie heute, an denen nicht mal Schmerzmittel Linderung bringen.
Das Ganze frustriert mich und macht mich wütend. Es ist diese ständige Ungewissheit, wann es denn nun endlich besser wird und ob man sich auf diese Tendenz verlassen kann.
Auch mein Schlaf-Rhythmus ist komplett im Eimer. Hatte (und brauchte) ich zuerst zu viel Schlaf, ist es jetzt das Gegenteil. Oder besser gesagt, es hat sich verschoben. Da ich Nachmittags oft Kopfschmerzen habe, versuche ich diese dann wegzuschlafen. Dafür kann ich aktuell nun Abends nicht mehr einschlafen. Was auch erklärt, wieso ich diesen Beitrag um (mittlerweile) ein Uhr Nachts schreibe.
Ja, Corona hat für mich wie eine Grippe angefangen. Und ich hatte wirklich Glück, keine «schlimmen» Symptome zu haben. Ich musste nie ins Krankenhaus. Hatte keine Probleme beim Atmen. Kein Fieber. Aber ich zähle auch weiss Gott nicht zur Risikogruppe. Schliesslich bin ich U30-ig, gesund und ohne Vorerkrankung. Trotzdem hat es mich erwischt.
Der Unterschied zu einer Grippe ist, dass sich das Ganze dermassen in die Länge ziehen kann. Von schlimmen Verläufen bei Älteren und Risikopatienten mal ganz abgesehen. Eine Grippe ist nach einer Woche – höchstens zwei, normalerweise vorbei. Bei Corona kann ich das nicht sagen. Ich bin jetzt einen verdammten Monat zu Hause und habe immer noch auf und abs. Es ist einfach nur zum kotzen. Immer diese Ungewissheit. Wie ist der morgige Tag? Wird es ein guter oder schlechter Tag?
Ich bin normalerweise ein positiver Mensch, der in allem nur das Gute sieht. Doch in diesem Monat habe ich neben der eigentlichen Erkrankung ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Das Hoffen nun endlich gute Neuigkeiten und Besserung zu erhalten. Dann wieder die Ernüchterung und Zerschlagung von Hoffnungen. Ich hatte wirklich extrem dunkle Tage. Und wenn ich mich an diese erinnere, steigen mir direkt wieder die Tränen in die Augen, da ich mich so gar nicht kenne. Ich kann nur so dankbar sein, dass ich wundervolle Menschen in meinem Leben haben, die in dieser Zeit für mich da waren und es immer noch sind. Die mir zugehört haben und mich getröstet haben, als ich einfach nur noch schreien wollte und mich gefragt habe, was ich wohl verbrochen habe um sowas verdient zu haben.
Inzwischen ist es halb Zwei Uhr am Freitag Morgen. Und ich merke auch jetzt, dass mein Kopf von der Schreiberei hier schmerzt. Aber mir war es wichtig, über meine Erfahrungen zu schreiben.
Corona ist nicht nur eine Grippe. Corona ist unberechenbar. Die Verläufe sind so unterschiedlich. Keiner ist wie der andere. Einige haben kaum Symptome, andere liegen einen Monat zu Hause und sind dann noch nicht hundert Prozent gesund und wieder andere liegen in diesem Moment in einem Krankenhaus, angeschlossen an ein Beatmungsgerät.
Darum, bitte. Haltet euch an die Vorgaben des Bundes. Und macht bitte nicht den gleichen Fehler wie ich und wartet mit dem Testen, weil es sich wie eine Grippe oder Erkältung anfühlt. Sondern macht direkt einen Termin. Der Test tut auch wirklich nicht weh. Schliesslich kann die Krankheit jeden treffen. Die Alten und Anfälligen, aber auch die Jungen und Gesunden.