Battambang Tour

Erst gestern bin ich in Battambang angekommen und bereits heute geht es auf Tour. Um Kosten zu sparen, habe ich mich gegen eine Privattour entschieden. Jedoch sind lediglich noch zwei weitere Touristen dabei. Rick und Gus aus Australien, welche aktuell mit dem Fahrrad durch Kambodscha radeln.

Eine kurze Bemerkung, bevor es los geht: Dies ist kein Werbe-Beitrag und auch nicht bezahlt. Der Beitrag spiegelt lediglich meine persönlichen Erfahrung wieder.

Pünktlich um neun Uhr startet die Tour mit unserem Guide Bun, welche den ganzen Tag dauern wird und uns zu den verschiedensten Sehenswürdigkeiten und Locals in und um Battambang bringen wird.

Bevor es jedoch richtig los geht, muss erst einmal das Tuk Tuk mit Sprit versorgt werden. Es gibt zwar offizielle Tankstellen, jedoch werden die nur von Bus- und Autofahrern benutzt. Kambodschaner besorgen sich ihren Sprit am Strassenrand für 3’000 RIEL die Flasche, was umgerechnet 70 Rappen sind. Dieser tiefe Preis kann dadurch erzielt werden, dass der Sprit vom Schwarzmarkt kommt und daher keine Steuern beinhaltet.

Die Herstellung von Zigaretten

Unser erster Halt ist bei einer Zigaretten-Fabrik. Oder besser gesagt bei einer alten Frau, welche die Zigaretten von Hand herstellt.

Früher hat sie jede einzelne Zigarette von Hand gerollt, bis ihr Mann ihr im Jahr 1985 eine Maschine gebaut hat, mit welcher sie jeweils fünf Zigaretten auf einmal herstellen kann und das in nur einem Bruchteil der Zeit, die sie von Hand dafür gebraucht hätte.

In Kambodscha gibt es drei Sorten von Zigaretten. Schwach, mittel und stark. Auf Wunsch stellt die Dame auch spezielle Zigaretten her. Dafür mixt sie schwachen Tabak, Kaffee, Zitrone und Honig.

Ein Päckchen enthält 63 Zigaretten und kostet 50 US-Cent.

Die alte Frau ist bereits über 70 Jahre alt und führt diesen Beruf schon seit zirka 50 Jahren aus. Fast genau so lange ist sie bereits mit ihrem Mann verheiratet.

Wir erfahren, dass es in Kambodscha üblich ist, dass der Mann Geld für die Heirat mit einer Frau bezahlt. Vor fünfzig Jahren belief sich dieser Betrag auf 2’500 RIEL, was heute umgerechnet zirka 60 Cent entspricht, doch zu dieser Zeit sehr viel Geld war. Heutzutage liegt das „Heiratsgeld“ bei 5’000 US-Dollar, weshalb werdende Eltern oft auf ein Mädchen hoffen.

Die alte Frau hat sechs Kinder. Nachdem das erste ein Mädchen war wurde sie erneut schwanger in der Hoffnung, ein zweites zu bekommen. Leider waren die nächsten sechs Geburten alles Jungen. Jedoch hat sie mittlerweile zehn Enkelkinder. Neun Mädchen und nur einen Jungen.

Ta Dambong

Wir ziehen weiter und legen einen kurzen Halt bei der Statue von Ta Dambong – oder wie er von den Einheimischen genannt wird: Mr. Battambang – ein.

Die Statue scheint auf den ersten Blick eher unscheinbar, hat aber für die Bevölkerung einen grossen Wert und gehört sogar zum Wahrzeichen der Stadt.

Die Menschen kommen hierher, um um etwas zu bitten oder sich für etwas Gutes, das geschehen ist, zu bedanken. Da aktuell viele Schüler ihre Prüfungsergebnisse erhalten haben, wimmelt es hier von jungen Erwachsenen, die sich für die Resultate oder das schlichte Bestehen der Prüfung bei Mr. Battambang bedanken.

Bamboo Train

Dunkle Wolken ziehen auf und wir machen uns auf den Weg zum Bamboo Train – die wohl bekannteste Attraktion für Touristen in Battambang.

Leider wird es diese Attraktion nur noch wenige Monate geben, bis der originale Bamboo Train geschlossen wird, da eine neue Zugstrecke gebaut wird. Ob irgendwo eine neue Strecke für Touristen eröffnet wird, steht noch nicht fest. Sehr schade, wie ich finde, denn der Bamboo Train ist wirklich ein Erlebnis der ganz anderen Art.

Man sitzt auf einer Art Plattform, welche auf Querstangen liegt und mit einem Motor betrieben wird. Es gibt nur ein Bahngleis. Und ja, da gibt es auch Gegenverkehr. Sogar relativ oft. Doch was tut man da? Ganz einfach. Der, der die schwerere Last hat, muss nichts tun. Der Leichtere muss sein Gefährt von den Schienen räumen und nachdem der andere passiert ist, es wieder darauf stellen.

Für fünf Dollar pro Person werden wir ins nächste Dorf gefahren und wieder zurück.

Wer nun denkt, dass dies eine gemütliche Kaffeefahrt ist, der irrt. Der Zug fährt mit bis zu 50 km/h über die zum Teil etwas schiefen Gleise.

The Wall Of Shadows

Nach diesem wilden Ritt geht es genau so wild mit dem Tuk Tuk weiter zu unserem nächsten Ort, welcher im krassen Kontrast zu dem Bamboo Train steht.

Es ist der Ort The Well Of Shadows.

Hier wurde ein Denkmal errichtet, in Gedenken an all jene, die während der Herrschaft der Roten Khmer unter Pol Pot ihr Leben verloren haben.

„Wieso wurden während dieser Herrschaft so viele Frauen und Kinder getötet“, will Rick aus unserer Gruppe wissen. Daraufhin erzählt uns unser Guide Bun folgende, traurige Geschichte:

„Der Grund, wieso so viele Frauen und Kinder ermordet wurden, ist, dass Pol Pot die Bevölkerung dezimieren wollte. Ebenfalls schickte er viele Menschen aus der Stadt hinaus in die Dörfer wo sie zu schwerer Arbeit auf den Obstplantagen gezwungen wurden. Obwohl hier Essen im Überfluss vorhanden war, war es den Menschen nicht gestattet etwas davon zu essen, denn die Früchte und das Gemüse wurden allesamt ins Ausland exportiert.

Es wurde keine Rücksicht genommen auf den Zustand der Menschen. So wurde auch eine schwangere Frau zu dieser körperlich harten Arbeit gezwungen. Da sie sosehr Hunger leiden musste, steckte sich sich etwas Essen ein, in der Hoffnung, es in der Nacht heimlich essen zu können. Aber die Aufseher des Pol Pot Regimes bemerkten den Diebstahl und so wurde die schwangere Frau vor allen anderen Arbeitern hingerichtet, um die Menschen zu verängstigen und sie vor einem gleichen Vergehen zu warnen.

War eine Frau schwanger und die Wehen setzten ein, hatte sie keine Hilfe zu erwarten. Viele Frauen gebaren deshalb ihre Kinder inmitten der Reisfelder. Sofort nach der Geburt wurde ihr jedoch das Kind weggenommen und auf den Boden geschmissen, wo es schlussendlich starb. Die Frau musste nur wenige Meter weiter die Arbeit auf dem Feld wieder aufnehmen.

Pol Pot gab zudem Morde in Auftrag. Dafür wurde zum Beispiel ein Mann beauftragt, seinen eigenen Bruder oder Onkel zu ermorden. Würde er es nicht tun, würde Pol Pot seine ganze Familie ermorden. Er hatte somit keine Wahl.

Meine Mutter hatte zehn Geschwister. Zwei davon wurden während des Pol Pot Regimes umgebracht. Eines der Geschwister wurde dabei vor meiner Mutter und Grossmutter getötet.

Während dieser Zeit haben fünf Männer des Pol Pot Regimes versucht meine Tante gefangen zu nehmen als sie gerade einmal 13 Jahre alt war. Mein Onkel – ihr Bruder – hat versucht ihr zu helfen, dafür wurde er ebenfalls mit dem Tode bestraft.

Viele Menschen haben versucht, während dieser Zeit zu fliehen. Viele wollten dabei nach Battambang, weil sie dachten, dass es in „der Stadt des Reises“ mehr Essen für die Menschen gibt. Leider war dies ein Irrtum und so versuchten sie in die Hauptstadt Phnom Penh zu gelangen – auch hier in der Hoffnung, dass die Grausamkeit nicht so hoch war. Doch leider war auch hier die Grausamkeit gleich hoch, wie in den anderen Provinzen. Viele erlagen zudem bereits auf dem Weg nach Phnom Penh dem Hungertod. 

Es gab auch Menschen, die versuchten in andere Länder wie Thailand zu flüchten. Oft bezahlten sie aber mit dem Leben oder einem Körperteil für ihren Fluchtversuch, da die Landesgrenzen allesamt von Minen gespickt waren.

Die Menschen, denen die Flucht geglückt war, kehrten nach dem Ende des Pol Pot Regimes zurück und suchten nach ihren Familienangehörigen. Nicht selten waren jedoch alle tot oder durch Landminen verstümmelt.

Wir müssen wirklich schwer schlucken bei diesen Worten. Und wieder einmal wird uns bewusst, dass das Ganze erst 40 Jahre her ist.

Food-Tour

Mittlerweile ist es nach zwölf Uhr und unser Guide entschliesst sich, dass es Zeit für die Food-Tour ist. Nicht sicher, ob wir nach dieser Geschichte überhaupt noch Hunger haben, steigen wir ins Tuk Tuk.

Die Food-Tour setzt sich durch viele verschiedene Stopps zusammen, bei denen uns der jeweilige Herstellungsvorgang erklärt wird. Zudem erhalten wir jedesmal ein Häppchen, um es zu probieren.

Wir testen uns durch die verschiedensten Gerichte wie: Sticky Rice, gebackene Bananen, Bananenchips, viel zu süssem Ice Tea und Frühlingsrollen. Nur auf die frittierten Ratten und Hunde am Strassenrand verzichten wir. Und ja, du hast richtig gelesen: Auch Hunde werden in Kambodscha gegessen. Sie gelten sogar als Delikatesse. Meistens findet man sie jedoch nur auf dem Land, während sich die Menschen in der Stadt Hunde auch als Haustiere halten.

Zudem Essen Kambodschaner verdorbenen Fisch. Besonders bei älteren Menschen soll er beliebt sein. Als wir jedoch den Herstellungsort besichtigen, muss ich mich doch sehr auf meine Atmung konzentrieren, um nicht direkt wieder kehrt zu machen. Der Gestank ist bestialisch. Kaum vorzustellen hier den ganzen Tag zu arbeiten.

Mit einem etwas flauen Gefühl in der Magengegend steigen wir nach kurzer Zeit wieder in unser Gefährt und setzen unsere Reise zum letzten Punkt auf der Liste fort. Den Killing Caves sowie dem Bat Cave, die alle am gleichen Ort zu finden sind.

Killing Caves

Auch dieser traurige Ort gehört aufgrund seiner Geschichte zu einem der Orte, die man gesehen haben sollte, um die Geschichte von Kambodscha besser verstehen zu können.

Dabei gibt es eine kleine Höhle, in welche die Kinder gestossen wurden und eine grosse Höhle, in der die Erwachsenen ihren Tod fanden.

Unser Guide erzählt uns dazu folgendes:

„Man sieht hier viele menschliche Schädel und Knochen. Viele Schädel haben zudem ein Loch. Dieses entstand, als sie vom Bambusstock getroffen wurden, der sie in die Höhle gestossen hat.

Speziell diese Höhle ist sehr bekannt, da hier viele gut gebildete Menschen zu Tode kamen. Auch viele Menschen, die eine Brille trugen, wurden zu dieser Zeit getötet, weil man dachte, dass sie ebenfalls gebildet sein müssen.

Leider wird das Thema rund um den Völkermord in der Schule nur sehr mangelhaft thematisiert und lieber tot geschwiegen. Aber ich finde es wichtig, dass sich die Menschen daran erinnern und die Geschichte weitergeben, damit so etwas nie mehr passieren kann.“

Wir sind wirklich sprachlos, als wir diesen Ort sehen. Er wirkt so unwirklich. Wir alle können uns diese Grausamkeit kaum vorstellen.

Wir wandern einen kleinen Abschnitt empor, jeder in seinen eigenen Gedanken vertieft.

Die Aussicht auf dem Gipfel ist zwar wunderschön, doch umso unglaublicher erscheint uns das hier alles. Ein so schöner Ort, der von so einer unfassbar traurigen Geschichte überschattet wird.

Bat Cave

Um 16.30 Uhr sind wir pünktlich wieder am Fusse des Gipfels und bereit die Show der Fledermäuse zu sehen. Sobald es dunkel wird fliegen hier zirka 8 Millionen Fledermäuse nacheinander aus einer Felsspalte. Aufgrund der riesigen Anzahl dauert das Ereignis bis zu 40 Minuten.

Nach 10 Minuten haben wir uns jedoch alle bereits satt gesehen und entschliessen uns uns auf den Nachhauseweg zu machen.

Es war ein spannender Tag. Wir haben so viel erlebt und erfahren. Schreckliche, aber auch wunderschöne Seiten von Kambodscha und Battambang kennen gelernt.

 

Ich kann dir diese Tour nur wärmstens empfehlen. Alle Infos darüber findest du hier:

Website
buntours@gmail.com
Whatsapp: +855 786 46 162


Dieser Beitrag wurde von meiner alten Website auf diese Seite übertragen.
Ursprüngliche Veröffentlichung: 15.09.2018

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Michelle
Michelle
Aufgewachsen in einem 1'000 Seelen Dorf zieht es mich immer wieder in die grosse weite Welt hinaus. Auf meinem Blog findest du Tipps und Inspiration Rund ums Thema Reisen. Wenn du angehende*r Blogger*in bist findest du hier zudem zahlreiche Anleitungen die dir beim Aufbau helfen werden.

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Kommentare

  1. Liebe Michelle,
    dein Tipp mit Bun als Guide ist ein Volltreffer. Wir haben 2 halbe Tage mit ihm verbracht und sind immer noch begeistert von ihm, seinen Erzählungen, seiner Herzlichkeit und von dem was wir alles erleben durften. Vielen Dank dafür … Jetzt sitzen wir im Boot nach Siem Reap.

    Liebe Grüße
    Eve & Rolf

    • Hi ihr zwei,

      Vielen Dank für euren Kommentar.

      Es freut mich riesig, dass ihr ebenfalls so begeistert von der Tour wart. Bun macht wirklich einen grossartigen Job.

      Ich wünsche euch eine wunderschöne weiterreise.

      Herzliche Grüsse und frohe Festtage.
      Michelle

  2. Salut Michelle
    ich wusste nicht, dass der Bamboo Train so heisst, aber 2000 bin ich mit dem viel gefahren. Das Kreuzen war etwas aufwendig, weil einer der Wagen komplett zerlegt werden musste.
    viel Vergnügen.
    Peter

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